St. Quirinus Stadtpatron

St. Quirinus - Auf den Spuren des Neusser Heiligen

Der Heilige Quirinus, Stadt- und Pfarrpatron in Neuss, ist nicht nur ein Botschafter der Stadt am Niederrhein, die in einem Schrein seine Reliquien aufbewahrt, sondern kann mit seinen rund 500 Kultstätten als ein Grenzen überwindender Europäer angesehen werden, der gerade in den Völkern Mitteleuropas verehrt wird. Wer als (Neusser) Tourist unterwegs ist, der kann in der Ferne auf den Spuren des Heiligen aus der Heimat wandeln - wenn er denn die Augen offen hält.
Diese Erfahrung machten zwei junge Neusser, die im Spätsommer 2021 mit dem Fahrrad die Schönheiten Norditaliens erkundeten und jetzt den St. Quirinus‘ Schötzejeselle von ihren dortigen Begegnungen mit dem Neusser Heiligen berichteten. Gleich in drei Städten trafen sie auf den Namen Quirinus: in Parma, in Bologna und in Correggio, auf halber Strecke zwischen den beiden bekannteren Städten gelegen.
In Parma spazierten die Zwei durch die Vicolo S. Quirino und standen vor dem Oratorio San Quirino, einem entweihten Gotteshaus, das seit 1912 als Veranstaltungsort, vor allem für Konzerte, genutzt wird. Dieser Quirinus-Fund sollte sich auf den Neusser Heiligen beziehen, denn bereits in seinem Standardwerk „Die Verehrung des hl. Quirinus in Kirche und Volk“ (1967) für die Vereinigung der Neusser Heimatfreunde erwähnt Professor Matthias Zender Parma unter Position 336a seiner Liste der Quirinus-Kultstätten: „Kapelle der deutschen Ritter: Statue. Altar 1335 gegr., starke Verehrungen und Heilungen“.
Zur Recherche laden ebenso die Erkenntnisse ein, die das Neusser Duo über Correggio mitbrachte, wo die Stiftsbasilika San Quirino an der Piazza San Quirino zu den großen Sehenswürdigkeiten des Ortes zählt. Wer googelt, wird sehr schnell feststellen, dass diese Quirinus-Verehrung dort dem Namensvetter des Neusser Heiligen, St. Quirinus von Siscia (Kroatien) zugeschrieben wird. Das World Wide Web ist eine hilfreiche Quelle, liefert keine wissenschaftlich abgesicherten Fakten. Im konkreten Fall scheint eine tiefere Analyse lohnend, denn eine fachkundige Reiseführerin vor Ort sprach gegenüber den Besuchern immer wieder vom „heiligen Quirinus von Neuss“, der auch Stadtpatron der Stadt Correggio sei. Das Ergebnis des Quellenstudiums scheint offen. Diese vielfältigen (Quirinus-)Bezüge überraschen letztlich auch nicht, denn in den historischen Handbüchern und Lexika werden unter dem in der Antike sehr gebräuchlichen Namen Quirinus insgesamt 17 Heilige aufgeführt, darunter vier, die bis heute eine gewisse überregionale Bedeutung behalten haben: St. Quirinus vom Tegernsee, St. Quirinus von Malmedy und eben neben St. Quirinus von Neuss auch St. Quirinus von Siscia – dabei handelt es sich um die vier sogenannten Archetypen.
Aller guten Dinge sind drei. In Bologna staunten die Besucher aus Neuss nicht schlecht, als sie plötzlich in einer Kirche vor dem Säulen-Fresko eines Soldaten mit Lanze und Schild standen, der in seiner Darstellung sehr an den Neusser Heiligen erinnert – und das Bild gibt noch einen weiteren Hinweis auf den Heiligen vom Niederrhein: auf Lanze und Schild sind „Punkte“ zu entdecken, die Attribute des Quirinus von Neuss? Diese Vermutung liegt nahe, denn dessen Attribute sind eben diese – im Normalfall neun - „Punkte“. Diese (Quirinus?-)Darstellung war den Schötzejeselle bisher nicht bekannt. Auch sie verdient eine umfassende Untersuchung.
Ist das nicht spannend wie eine Recherche von Sherlock Holmes? Die Belege, die Neusser Touristen aus ihrem Urlaub in der Emilia-Romagna mit in die Heimat brachten, werden nun von den St. Quirinus‘ Schötzejeselle analysiert; am Ende wird der Versuch stehen, die Entdeckungen in das bekannte Geflecht der Quirinus-Verehrungsstätten einzuordnen. Dabei hilft das in fast vier Jahrzehnten von den Schötzejeselle aufgebaute umfangreiche Archiv, eingegliedert ins Stadtarchiv Neuss. Jetzt folgt eine Forschungsarbeit, die zudem viel Detailwissen und sorgfältiges Quellenstudium erfordert. Aber der Aufwand lohnt, denn es deuten sich neue Erkenntnisse über die in weiten Teilen Europas verbreitete Quirinus-Verehrung an, dieses Mal mit Schwerpunkt Italien. Ludger Baten

Das Oratorio San Quirino in Parma wird heute als Veranstaltungsort genutzt. Bis 1912 war das Gebäude eine Kirche.Foto: THSQSJ

Das Säulen-Fresko einer Kirche in Bologna zeigt einen Soldaten dessen Schild und Fahne mit verziert „Punkten“ sind. Die Attribute des St. Quirinus. Zeigt diese Darstellung den Neusser Heiligen? Foto: THSQSJ

Wer in Parma durch die Vicolo S. Quirino spaziert, der gelangt zu dem Oratorio San Quirino. Foto: THSQSJ